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Herr Prof. Hertweck, Sie sind Dozent im Teilmodul „Herausforderungen & IT-Grundlagen der Digitalisierung: Zentrale IT-Technologien“.
In vielen energiewirtschaftlichen Unternehmen wird die Digitalisierung durch den IT-Fachkräftemangel ausgebremst. Können nicht auch Mitarbeiter aus anderen Bereichen helfen, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen?
Hertweck
Grundsätzlich ja, denn die Digitalisierung ist längst nicht mehr nur ein Thema der IT. Es geht um die Geschäftsprozesse und die Geschäftsmodelle der Unternehmen im Ganzen. Dabei ist die IT zwar wichtig, aber eben nur ein Teilaspekt. Der Erfolg der Energiewirtschaft wird zukünftig in „Service-Ökosystemen“ erbracht. Abschottung und Abteilungsdenken sind überholt. Interdisziplinäre Kollaboration, Diversität und agile Arbeitsweisen sind die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Zukunft. Das heißt: Selbst die beste IT-Abteilung bringt mich alleine auch nicht zum Ziel.
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Und die Mitarbeiter aus IT-fernen Bereichen können auch sofort einen sinnvollen Beitrag leisten?
Hertweck
Absolut. Denn gerade die verschiedenen Sichtweisen von IT’lern, Ökonomen, Städteplanern, Elektrotechnikern, Technik-Philosophen, Mobilitätsexperten usw. bringen erst die entscheidenden Aspekte bei der Automatisierung interner Prozesse und der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ans Licht. Wobei es dabei natürlich wichtig ist, dass alle Beteiligten eine gemeinsame Sprache sprechen. Ein gewisses Grundverständnis für IT-Grundlagen und IT-Trends sollte also jeder mitbringen. Aber genau darum geht es ja u. a. auch in unserem Weiterbildungsmodul.
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Sie sprachen gerade von „IT-Trends“. Welche sind denn aktuell für die Energiewirtschaft besonders spannend?
Hertweck
Für die Energiewirtschaft ist das Wissen über IoT-Plattformen, also die Kenntnis der Wirkung von Sensoren und Aktoren, unerlässlich. Gleiches gilt für Stromspeichertechnologien unterschiedlichster Art. Auch Big Data Know-how zur Speicherung, die Bereinigung und Analyse von Smart Meter Daten und der daraus erzeugbaren Lastprofile und Prognosen wird an Bedeutung gewinnen. Ebenso werden Kenntnisse in Blockchaintechnologien zur compliance-gerechten, betriebswirtschaftlichen Steuerung dezentraler Smart Grids zu den Technologien gehören, denen man in der Energiewirtschaft der Zukunft Beachtung schenken sollte. Aber die Liste ist lang. Wichtig ist, die Trends mitzuverfolgen und zu entscheiden: Was davon ist hilfreich für unser Unternehmen und was nicht?
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Das heißt nach dem Besuch Ihres Weiterbildungsmoduls bin ich ausgebildeter IT-Administrator und IT-Trendscout zugleich?
Hertweck
Das wäre zwar schön, ist aber sicher etwas hoch gegriffen. Mir geht es vor allem darum, den Teilnehmern mit Hilfe vieler Fallbeispiele und Übungen die Basics aktueller IT-gestützter Digitalisierungstechnologien zu vermitteln und deren Auswirkungen auf Geschäftsprozesse und Geschäftsmodelle in der Energiewirtschaft zu verdeutlichen. Damit ist das Modul übrigens gleichermaßen relevant für Informatiker wie für Nicht-Informatiker. Es geht darum, eine gemeinsame „IT-Sprache“ zu entwickeln – nicht aber, ein „Fachchinesisch-Diplom“ zu erwerben.